Kommentar Dem Eigentum verpflichtet
Köln, 06.03.2013
In Deutschland sollten wir Tacheles reden über Reichtum, nicht um eine Neiddebatte anzuzetteln, sondern um den Zusammenhalt der Gesellschaft zu gewährleisten. Es ist alarmierend, wenn zwei Drittel der Menschen in Deutschland eine wachsende Gerechtigkeitslücke beklagen. WDR
In Deutschland sollten wir Tacheles reden über Reichtum, nicht um eine Neiddebatte anzuzetteln, sondern um den Zusammenhalt der Gesellschaft zu gewährleisten. Es ist alarmierend, wenn zwei Drittel der Menschen in Deutschland eine wachsende Gerechtigkeitslücke beklagen, die es übrigens erwiesenermaßen gibt. Über diese Lage müssen wir ehrlich diskutieren und nach Auswegen suchen. Leider tut sich die Politik schon mit der Interpretation der Fakten schwer, was die beschönigenden Korrekturen des Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zeigen.
Wie werden Menschen in Deutschland reich? Grundsätzlich gibt es dafür zwei Quellen: Einkommen und Vermögen. Aus beiden Quellen schöpft jedoch ein kleinerer Teil der Bevölkerung hier zu Lande einen immer größeren Anteil. Reicher als früher werden heute beispielsweise die Vorstände der 30 Dax-Unternehmen wie Daimler, Allianz oder Deutsche Bank. Sie verdienten zur Zeit der Wiedervereinigung durchschnittlich 500.000 Euro. Bis 2010 stiegen ihre Bezüge um mehr als das Fünffache auf durchschnittlich 2,7 Millionen Euro. Auch viele Geldmanager kassieren seit den neunziger Jahren neben dem Gehalt Boni in Millionenhöhe, nur um die Kosten ihrer riskanten Geschäfte in der Krise bei den Steuerzahlern abzuladen. Sie wurden reich auf Kosten der Allgemeinheit, schwer erträglich ist das. Aber es gibt auch immer noch den Unternehmer, der mit hohem Einsatz und persönlichem Risiko eine Firma aufbaut und damit reich wird. In diesem Fall wird Leistung mit Reichtum belohnt, in vielen anderen jedoch nicht.
Immer häufiger fällt Menschen ihr Reichtum in Deutschland in den Schoss, als Erben. Hundert Milliarden Euro werden jährlich an die nächste Generation weitergegeben. Weil der Staat durchschnittlich nur vier Prozent Steuern darauf nimmt, geht das Vermögen fast unverändert in die Hände der Erben. Große Erbschaften machen jedoch nur wenige, eine logische Konsequenz der Verteilung des Reichtums hier zu Lande: 60 Prozent des Privatvermögens von knapp zehn Billionen Euro gehören gerade einmal einem Zehntel der Bevölkerung. Der Löwenanteil konzentriert sich sogar bei weniger als einem Prozent der Bevölkerung, genaue statistische Angaben fehlen aber leider. Und Reiche werden reicher: Die Privatvermögen haben sich seit 1992 verdoppelt.
Für den Umgang mit Reichtum gibt es verschiedene sinnvolle Optionen in einer demokratischen Gesellschaft. In Amerika geben viele Superreiche freiwillig etwas ab, wie die Milliardäre Warren Buffet und Bill Gates. Vor drei Jahren gründeten sie einen Club für Ihresgleichen. Wer beitritt muss mindestens die Hälfte seines Vermögens spenden. Bisher machen hundert Milliardäre mit. Wo bleibt das deutsche Pendant? In den skandinavischen Ländern werden Vermögende dagegen stärker besteuert. Hier ist die Gesellschaft der Ansicht, dass der Staat besser über die Verwendung des Geldes entscheiden sollte als die Reichen selbst. Für die Entwicklung Deutschlands wäre es gut, wenn man sich eindeutig für eine dieser Varianten entscheiden würde.