Gewerkschaften Die Organizer
Bad Hersfeld, 22.03.2014
Sie sind die Agenten der Gewerkschaften. Sie gehen in Unternehmen wie Amazon und inszenieren Proteste. Sie werben Mitglieder. Die braucht Verdi dringend. Eine Innenaufnahme. Lesen Sie dazu die Wirtschaftsreportage von mir in der Süddeutschen Zeitung.
Ihn umgibt die Aura des Revolutionärs. Gleich nachdem Heiner Reimann, 39, das Verdi-Büro in Bad Hersfeld betreten hat, steht er im Mittelpunkt des Geschehens. Seine Meinung ist heute sehr gefragt bei den rund drei Dutzend Amazon-Beschäftigten, als sie über ihr weiteres Vorgehen bei dem größten Versandhändler des Internets beraten. Das war nicht immer so.
Was für ein Kontrast zum Februar 2011, als der Gewerkschaftssekretär erstmals Kontakt mit den Beschäftigten suchte. Amazon hatte ihm und seinem Kollegen Julian Jaedicke den Zutritt zu den Kantinen erlaubt, aber sobald die Beschäftigten merkten, dass sie mit jemandem von der Gewerkschaft zu tun hatten, „guckten sie aus dem Fenster, an die Decke oder irgendwo anders hin“, erinnert Reimann sich.
„Die Leute hatten eine Riesenangst, mit uns gesehen zu werden“, beschreibt der Verdi-Organizer Heiner Reimann die erste Annäherung an Amazon in Nordhessen.
Aber Reimann und seine Kollegen ließen sich nicht entmutigen. Das sollten sie auch nicht, schließlich sind sie „Organizer“. So heißen Spezialisten unter den Gewerkschafts-Funktionären, die Verdi Zugang zu neuen Betrieben verschaffen sollen. Die wissen, wie man Verdi ins Gespräch bringt. Wie man Aufmerksamkeit durch Aktionen schafft, die möglichst eines sind: medienwirksam. Verdi braucht Mitglieder, dringend. Es eilt, die Dienstleistungsgewerkschaft hat seit 2001 ein Viertel ihrer Mitglieder verloren. Jetzt gehören ihr nur noch 2,1 Millionen Menschen an.