Der IWF in Griechenland Höchste Zeit für andere Kreditbedingungen
Berlin, 09.10.2012
Die Krise in der Eurozone ist die derzeit größte Gefahr für die Weltwirtschaft. Dieses düstere Bild zeichnete der Internationale Währungsfond am Dienstag (09.10.12) in Tokio. Während in den vergangenen Jahrzehnten stets nur Entwicklungs- und Schwellenländer auf Unterstützung durch den IWF angewiesen waren, erhalten nun Länder wie Griechenland, Irland und Portugal Hilfe aus dem Fond. Europa als Kreditempfänger - verändert diese Tatsache die rigorose Politik des Internationalen Währungsfonds. Hören Sie dazu einen Kommentar von mir in der WDR-Sendung Politikum.
Nach der Gründung des Internationalen Währungsfonds 1944 hatten Industrieländer noch regelmäßig Kredit beim IWF in Washington beantragt, etwa genauso häufig wie Entwicklungsländer. Damals gab es eben einen entscheidenden Unterschied: Der IWF vergab die Kredite bedingungslos an Staaten. Seit Ende der fünfziger Jahre knüpfte der Fonds dann auf Betreiben der USA die Kreditvergabe zunehmend an Konditionen. Fortan schauten die Industrieländer, dass sie ohne den IWF klar kamen, bis Griechenland Hilfe brauchte.
Grundsätzlich ist es sinnvoll, wenn Hilfskredite an Reformauflagen geknüpft werden. Entscheidend ist jedoch, was für Bedingungen Kreditgeber stellen und was für Zeitvorgaben sie machen. Bedenklich sind Kreditkonditionen, wenn sie nicht nach einer differenzierten ökonomischen Betrachtung der Lage eines Landes erfolgen - sondern ideologisch. So war es viele Jahre beim IWF. Stets verordneten die IWF-Helfer die gleiche Medizin aus dem neoliberalen Sortiment, ob den Entwicklungsländern, den Reformstaaten nach dem Zusammenbruch des Kommunismus oder den aufstrebenden Staaten Südostasiens nach der Asienkrise.
Als Teufelszeug galten dagegen Schutzmaßnahmen für Länder. Dabei können Zölle oder Subventionen gerade für Entwicklungsländer sinnvoll sein.
Ideologisch verblendet wischte der IWF auch regelmäßig die Bedenken derjenigen weg, die darauf verwiesen, dass es nach den harten Auflagen in den Hilfeländern zu keinem Anstieg des Wohlstands für die breite Bevölkerung gekommen war. Tatsächlich gibt es bis heute keinen überzeugenden Beleg für die von den Anhängern des Neoliberalismus propagierten populären Trickle-down-Effekt, der besagt vereinfacht: Geht es erst einmal einigen Menschen wirtschaftlich gut, steigt nach einiger Zeit der Wohlstand aller in einem Land.
Seit der Finanzkrise gibt es beim IWF jedoch endlich ein Umdenken. Zuletzt rückte der Fonds von langjährig gepflegten Dogmen wie seinen Grundsätzen für möglichst unregulierte Kapital- und Arbeitsmärkte ab. Zu hoffen ist, dass sich die Reformer innerhalb des IWF durchsetzen. Noch sind dem Diskurs jedoch keine Taten gefolgt. In Griechenland knüpft der IWF seine Hilfen in gewohnter Manier einseitig an Sparauflagen. Den gleichen Fehler machen dort auch die Hilfstruppe der Europäischen Union.
Nur durch Kürzungen kommt aber kein Land aus der Krise. Die Lage in Griechenland hat sich deswegen verschärft, die Armut ist zurückgekehrt und die Lebensperspektiven vieler Menschen zerbrochen. Ein Ende der Krise nicht in Sicht.
IWF und EU sollten gemeinsam das Ruder herumzureißen: Die Sparauflagen strecken und die Hilfen an Griechenland an andere Bedingung knüpfen. Dazu gehört der Aufbau einer Steuerverwaltung und die Kontrolle der Geldflüsse ins Ausland. Schließlich entgehen Griechenland Milliarden an Steuereinnahmen. Das Land hat eben nicht nur ein Ausgabenproblem, sondern auch ein gewaltiges Einnahmeproblem. Außerdem braucht Griechenland endlich einen wirtschaftlicher Marshallplan. Es gibt also durchaus eine Menge sinnvoller Bedingungen, an die der IWF und die EU ihre Hilfen knüpften könnten. Aber sie müssen tatsächlich auf die Situation Griechenlands passen.